27.12.2018
Heute Morgen bin ich richtig früh aufgestanden. Und zwar gut gelaunt, voller Tatendrang und somit bereit, alles Mögliche zu erledigen, das in den letzten Wochen liegengeblieben ist. Dafür ist
doch so ein Urlaubstag zwischen Weihnachtsbraten, Familientreffen, Silvestervorbereitungen & Co. optimal geeignet.
Ausnahmsweise habe ich mir sogar einen Plan zurechtgelegt, in welcher Reihenfolge ich die verschiedenen Stationen meiner Erledigungstour ansteuern werde. Geschickt! Derart effizient werde ich
spätestens mittags wieder zu Hause sein und habe dann noch genug Zeit zum Rumhängen.
Bevor ich losfahre, rufe ich bei meinem Hausarzt an, um ein Rezept zu bestellen. Der Anrufbeantworter geht dran – die Praxis habe Urlaub bis Anfang Januar, Praxis Soundso mache die
Vertretung. Ich rufe also bei Praxis Soundso an und verweise darauf, dass ich eigentlich Patientin der anderen Praxis sei. Die Dame am anderen Ende ist verwirrt – sie wisse gar nichts davon,
dass ihre Praxis Vertretung für meinen Hausarzt mache. Ich erläutere, dass aber genau das gerade eben am Anrufbeantworter angesagt wurde. Sie bittet mich, einen Moment zu warten.
Ich lausche einige Minuten der Warteschleifen-Musik, dann ist die Dame wieder dran. Sie habe eben auf der anderen Leitung bei meinem Hausarzt angerufen und der Anrufbeantworter habe ihr genau
das gesagt, was ich erzählt habe. Ach Mensch, so eine Überraschung!! Die Dame verspricht, dass ich das Rezept gleich einfach rausholen könne, und ich freue mich, dass ich trotz
mysteriös-ungeklärter Vertretungssituation nicht ewig im Wartezimmer sitzen muss, wo vermutlich lauter hustende, blassgesichtige, viren- und bakterienschleudernde Leute hocken.
Ich checke, ob ich die 2018er Gelbe-Sack-Marken und das Rubbel-Freilos, was ich beides unbedingt heute noch einlösen möchte, und den Brief, den ich beim Gewerbeaufsichtsamt einwerfen muss,
und den anderen Brief, den ich zur Post bringen muss, und mein Portemonnaie und mein Handy eingepackt habe, und fahre los.
Als Erstes flitze ich zum Vertretungs-Hausarzt. Die Dame liest meine Versichertenkarte ein, sucht das Medikament in ihrem PC heraus und druckt das Rezept. Super, das ging ja schnell! Aber
dann: „Nehmen Sie noch kurz im Wartezimmer Platz? Der Doktor unterschreibt es dann gleich.“
Na toll!
Ich wappne mich innerlich gegen die ganzen Viren und Bakterien, die direkt nach Öffnen der Tür zum Wartezimmer auf mich einfallen werden, um mir Silvester und den Jahresstart durch eine
möglichst fiese Grippe zu verderben, und öffne die Tür (natürlich mit Handschuhen!!). Nur drei Leute sind drin, und da vorne ist noch ein Stuhl, der so weit von den drei Leuten entfernt ist,
dass ich bei geschickter Atemtechnik die Chance habe, die kritische Masse an unerwünscht eindringenden Winzlingen zu unterschreiten.
Ich neige übrigens zur Hypochondrie, falls das irgendwem noch nicht bekannt ist.
Ich passe höllisch auf, dass ich trotz Handschuhen nichts anfasse, und versuche, mit so wenig Atemluft wie möglich auszukommen. Geschickt!
Kurze Zeit später erhalte ich mein Rezept und stürme erleichtert an die frische Luft. Mensch, da vorne ist ja ein Briefkasten – praktisch, da kann ich den einen Brief direkt einwerfen!
Sehr zufrieden darüber, unerwartet schon jetzt einen weiteren Punkt meiner Todo-Liste abgehakt zu haben, geht es weiter zum Standesamt beim Pferdemarkt, wo ich eine Kleinigkeit erledigen
muss. Auf dem Weg dorthin rufe ich bei meiner Autowerkstatt an (natürlich über Freisprechanlage), vereinbare einen Inspektionstermin für mein Auto und rufe anschließend meinen Apotheker an,
um das Medikament zu bestellen. Es sei ab 12 Uhr abholbereit. Na, bis dahin bin ich LÄNGST mit allem durch! Ich bin so effizient, ich könnte Effizienzkurse geben!!
Zum Glück finde ich auf dem Pferdemarkt trotz Trubel einen Parkplatz. Leider habe ich außer einem Zwei-Euro-Stück kein Kleingeld, weshalb ich frech keinen Parkschein ziehe – ich bin ja in
fünf Minuten zurück.
Pustekuchen! Denn: Vor „Zimmer 3“, das für mein Anliegen zuständig ist, stehen bereits diverse andere Herrschaften. Wir tauschen uns gutgelaunt darüber aus, wie unfassbar es in Zeiten der
Digitalisierung ist, dass man
1. in Zimmer 3 hineingeht, um sein Anliegen vorzutragen,
2. eine Chipkarte erhält, mit der man in ein anderes Büro vorne an der Information gehen muss, um dort nach erneutem Schlangestehen die entsprechende Gebühr zu begleichen (übrigens nicht an
einem Automaten, denn es gibt keinen, da sich „das nicht lohnt“),
3. in Zimmer 3 zurückkehrt, den Kassenbeleg vorlegt, um dann den Verwaltungsvorgang abzuschließen,
und (jetzt kommt’s!) das Ganze WÄHREND ALLE ANDEREN LEUTE IN DER SCHLANGE VOR ZIMMER 3 WEITERHIN WARTEN. Es ist also NICHT möglich, dass jemand anders während Schritt Nummer 2, der durchaus
bis zu zehn Minuten dauern kann – je nach Länge der Schlange am Gebührbegleichungs-Büro vorne bei der Information – Schritt 1 oder auch 3 vollzieht. Warum auch immer. Die nette Dame in Zimmer
3 kann bestimmt nix dafür.
Egal. Ich habe ja Urlaub. Und somit genug Zeit.
Als ich endlich fertig bin, werfe ich einen Blick auf meine Uhr: schon halb elf. Was angesichts der Tatsache, dass meine Uhr nachgeht, weil sie seit Wochen eine neue Batterie braucht (Todo
Nr. 6 auf meiner Liste), in Wirklichkeit mindestens elf bedeutet.
Immerhin habe ich keinen Park-Strafzettel hinter den Scheibenwischern klemmen, als ich kurz darauf zu meinem Auto zurückkehre.
Weiter geht’s zum Gewerbeaufsichtsamt, das übrigens eine sehr schöne Kulisse für einen fiesen Psychiatrie-Thriller böte (wegen der langen Flure, nicht wegen der Leute natürlich!!), und zur
Parkplatzsuche in der City. Natürlich springt die Ampel bei der Einfahrt zum Schlosshöfe-Parkhaus genau dann auf rot, als ich an der Reihe bin. Egal. Ich habe ja Urlaub. Und somit genug
Zeit.
Nachdem ich ein paar weitere Sachen erfolgreich erledigt habe, treffe ich mich mit dem besten Ehemann der Welt zum Mittagessen in den Schlosshöfen, und zack! ist es halb eins. Egal, jetzt
muss ich ja nur noch die Sachen für den Fotokalender besorgen, den ich meiner besten Freundin zu Weihnachten schenken will. An dieser Stelle sei bemerkt, dass ich häufig in aller Ruhe NACH
Weihnachten Geschenke bastele, weil ich es viel entspannter finde als in der Hektik vor dem Fest. Somit habe ich schon Fotos für den Kalender herausgesucht und auf einem USB-Stick
gespeichert, den ich tatsächlich sogar dabei habe.
Im Fotogeschäft im kleinen Famila angekommen gehe ich zu einem der Automaten und gestalte witzige Collagen aus Junggesellinnenabschieds-Bildern. Das dauert zwar eine ganze Weile, sieht aber
super aus. Leider gibt es keine Kalender zum Selberbasteln mehr (Mist, hätte ich vorhin in der Stadt kaufen sollen!). Egal. Nach dem Bezahlen flitze ich noch schnell in den Supermarkt, um
Fleisch zu kaufen. Außerdem checke ich, ob es dort diese Fotoklebedinger gibt, mit denen man Fotos aufkleben kann, denn ich habe zu Hause keine mehr. Tatsächlich, gibt es! Es gibt
„Fotokleber“ und „Fotoecken“, wobei letztere günstiger sind. Also kaufe ich die. Ob die nun rechteckig oder dreieckig sind, ist mir egal.
Als ich an der Kasse stehe, erinnere ich mich selbst daran, auf keinen Fall gleich das Einlösen der 2018er Gelbe-Sack-Marken an der Supermarkt-Info und des Rubbel-Freiloses im Lottogeschäft
zu vergessen. Ich bin so effizient! Ich könnte Effizienz-Wochenendseminare geben!!
Als Nächstes erstehe ich in dem netten Schreibwarengeschäft nebenan noch einen schönen Stift, mit dem ich in dem Kalender noch einiges schreiben und malen will, sowie jede Menge Sticker. Ich
LIEBE Sticker!!! Leider war ich schon zu alt, als damals der Sticker-Hype aufkam, deshalb ist es wundervoll, nun unter dem Vorwand des Kalender-Gestaltens jede Menge davon kaufen zu
können.
Leider hat auch das Schreibwarengeschäft keine Selbstbastel-Kalender. Also auf zu Staples beim großen Famila. Passt ganz gut, da ich dort eh noch was anderes erledigen muss.
Mit allem bewaffnet, was ich zum Fotokalenderbasteln brauche, flitze ich schließlich nach Hause. Als ich alles vom Beifahrersitz zusammensammele, fällt mir das Rezept für mein Medikament in
die Hände. Mist, ich habe vorhin vergessen, in der Apotheke in der City vorbeizufahren, wo ich das Medikament bestellt hatte!
Also erneut los.
Als ich endlich zu Hause bin, fällt mir auf, dass ich vergessen habe, die 2018er Gelbe-Sack-Marken und das Freilos einzulösen. Na toll! Dabei hatte ich doch an der Supermarktkasse noch dran
gedacht!!
Und wo ist überhaupt der Papierumschlag mit den ausgedruckten Fotos für den Kalender? Ich durchwühle meine Handtasche – was ziemlich unsinnig ist, da der Umschlag aufgrund seiner Größe sofort
auffallen würde – und finde ihn nicht. Ich gehe raus und durchsuche mein Auto, finde aber nur eine Weihnachtspostkarte für eine Freundin, die neben den Beifahrersitz gerutscht ist. Genau an
derselben Stelle habe ich übrigens vor ein paar Tagen schon mal eine Weihnachtspostkarte gefunden – ich bin ja sehr zuverlässig mit meinen Weihnachtsgrüßen!!!
Der Umschlag mit den Kalenderfotos bleibt verschwunden.
Seufzend ziehe ich erneut meinen Mantel an und fahre nochmals zu Famila. Frage im Fotogeschäft nach, an der Info des Supermarktes und bei der Kasse, an der ich vorhin bezahlt habe, und laufe
sogar noch einmal durch den ganzen Supermarkt, aber meine Fotos bleiben unauffindbar.
Also gehe ich wieder zum Automaten in dem kleinen Fotogeschäft und wähle zunächst die Fotos aus, die ich einfach so ausdrucke, ohne Collagenfunktion. Dieses Mal wähle ich eine größere Größe,
da der Kalender, den ich gekauft habe, dafür groß genug ist. Dann gestalte ich erneut die Collagen mit den JGA-Bildern.
Als ich schließlich auf dem Display „Kaufen“ anklicke und mir die Gesamtsumme angezeigt wird, stutze ich. Warum ist das doppelt so teuer wie vorhin? Verdammt, wahrscheinlich habe ich aus
Versehen irgendwas doppelt bestellt!! Hektisch drücke ich auf „Beenden“ und alle möglichen anderen Tasten, woraufhin der Automat diesen Bon, den man zum Bezahlen vorlegen muss, gleich zwei
Mal ausspuckt und außerdem zwei Fotos ausdruckt. Da fällt mir auf, dass ich ja ein größeres Format bestellt habe, und das NATÜRLICH TEURER IST!! Manno!
Ich warte einen Moment, starte dann den Vorgang erneut, erstelle NOCH EINMAL die Collagen mit den JGA-Bildern, und denke sogar dran, die bereits ausgedruckten zwei Bilder wegzulassen. Ich bin
echt froh, als ich endlich auf „Kaufen“ drücken kann und der Druck erneut startet. Nach ein paar Bildern erscheint ein Hinweis auf dem Display: Das Soundso-Kit müsse getauscht werden, ich
solle einen Mitarbeiter verständigen. Ich verständige einen Mitarbeiter. Dieser tauscht in bewundernswerter Geschicklichkeit alles Mögliche in dem Automaten aus, und dann kann es auch schon
weitergehen.
Jetzt erklärt sich übrigens auch, warum die schon fertigen Fotos so gewölbt sind – die Papierrolle war fast leer und somit war das Papier sehr eng drumgerollt.
Schließlich sind alle Fotos und Collagen gedruckt und ich erhalte den entsprechenden Bon zum Bezahlen, den ich aber zusammen mit einem der anderen beiden in meiner Tasche verschwinden lasse,
denn ich muss ja nur einmal bezahlen, und zwar sowohl die beiden ersten Bilder als auch die anderen, aber eben ohne die zwei, und das steht auf dem ersten und zweiten Bon korrekt drauf.
Kompliziert, ich weiß.
Phänomenalerweise denke ich dieses Mal an das Einlösen von den 2018er Gelbe-Sack-Marken und dem Rubbel-Freilos (natürlich KEIN Gewinn), und auch wenn dies in puncto Effizienz nix mehr retten
kann, macht es mich trotzdem zufrieden.
Es ist halb fünf, als ich kurze Zeit später ENDLICH alle meine Fotokalender-Bastelutensilien auf dem Wohnzimmertisch ausbreite und loslegen kann.
Ich suche die Collagebilder für den Februar heraus und öffne die Packung mit den Fotoecken. Nanu, was sind das denn für Dinger? Ich untersuche das Ganze etwas genauer und stelle fest, dass
„Fotoecken“ nicht – wie von mir vermutet – dreieckige Fotokleber sind, sondern so komische durchsichtige Ecken, die man aufklebt, um anschließend die Fotos mit den vier Ecken dort
hineinzuschieben.
Es ist genauso kompliziert, wie es sich anhört, und ich gerate bereits bei den ersten Fotos derart ins Schwitzen (nicht wörtlich, nur im übertragenen Sinne), dass ich laut zu fluchen beginne.
Dann stelle ich auch noch fest, dass ich die stark gewölbten Fotos (siehe oben!!) definitiv NICHT mit vier Ecken fixieren kann, weil sie durch die Wölbung direkt rausrutschen. Ohne Fixierung
in der Mitte der Bilder wird das nix, und in der Mitte sind ja KEINE ECKEN, und ich habe auch keine richtigen Fotokleber, um die Bilder in der Mitte AUFZUKLEBEN!!!
Ich seufze abgrundtief und lege für einen kurzen Moment meinen Kopf auf den Tisch. Muss ich ernsthaft NOCH MAL los, um FotoKLEBEDINGER statt FotoECKEN zu kaufen???
In meiner Verzweiflung durchwühle ich meine Stifte-Tesafilm-Radiergummi-und-noch-ganz-viel-anderer-Kram-Kiste und finde: EINEN REST FOTOKLEBEDINGER!!!!
Jubelnd kehre ich ins Wohnzimmer zurück, löse vorsichtig die bereits angebrachten Fotoecken vom Februar-Blatt des Kalenders und klebe praktisch und wundervoll einfach sowohl die Collagen als
auch die anderen Bilder innerhalb kürzester Zeit auf.
Dabei lasse ich mir die Laune auch nicht davon verderben, dass ich ein Bild doppelt habe und ein anderes fehlt, und löse das Problem so, indem ich das eine der Doppelten für das Deckblatt
verwende und mit lauter coolen Schmetterlings-, Smilie-, Glückskäfer- und Blumenstickern verschönere, sodass es sich von dem anderen deutlich unterscheidet. Geschickt!
Und dann ist er da, der Moment, auf den ich den ganzen Tag gewartet habe: Ich bin tatsächlich mit allem fertig.
Wahnsinn.
Unglaublich.
Juhu.
Mann, bin ich froh, dass der allerbeste Ehemann der Welt heute arbeiten musste und ich somit – ganz die loyale Ehefrau – gestern Abend auch entsprechend früher zu Bett gegangen bin, deshalb
NICHT Sissi Teil 3 geguckt habe und die Schicksalsjahre der Kaiserin somit noch vollständig und komplett auf dem Festplattenrecorder auf mich warten.
Eure Lilli 💞
P.S.: Braucht irgendwer Fotoecken??
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